Glauben? Glauben – An Jesus Christus!

Ansprache zum Begräbnis der 26 ertrunkenen Fischer

Ansprache beim Begräbnis der verunglückten Fischer auf dem Friedhof von Harboøre am 27. November 1893
Von Carl Julius Moe.

[Zum Hintergrund dieser Ansprache: Siehe Pastor Carl Julius Moe]

„Der Meister ist da und ruft dich!“ [Joh 11,28] So lautet Marthas Wort zu ihrer Schwester Maria, die zu Hause saß und über den Verlust ihres Bruders Lazarus weinte. Der Meister, von dem die Rede ist, ist Jesus, Gottes heiliger Sohn, der in die Welt kam um die Sünder selig zu machen. Dieser große Meister über die Sünde, für die er die Versöhnung mit seinem Blut am Kreuz erworben hat, dieser große Meister über den Tod, dessen Macht er mit seiner Auferstehung von den Toten zunichte machte, und über Verurteilung, Teufel und Hölle, wovon alleine er uns gefallene Menschen durch seine Macht retten kann – dieser Meister über alle unsere Feinde, Jesus, ist nun auch hier und ruft euch alle, die ihr hier versammelt seid.

Zu allererst ruft er euch, ihr seine Heiligen, die ihr an ihn glaubt; denn Jesus liebt vor allen Dingen seine Gläubigen über die geschrieben steht „Denn so spricht der HERR Zebaoth (..): Wer euch antastet, der tastet seinen Augapfel an“ (Sach 2,12). Und unter euch sorgt er sich besonders um die heiligen Witwen und Angehörigen, die hier stehen. Er ruft euch um euch etwas zu sagen, um euch diese Frage zu stellen: „Könnt ihr auch glauben, dass alles das, was in diesen Tagen geschehen ist, von Gottes Liebe ausgeht?“ Ihr habt ja sooft miteinander gesprochen und einander bezeugt, wie schön es ist, Kind Gottes zu sein und wie allein im Glauben an Jesus Friede ist in jedem Streit, Mut in Bedrängnis, Trost in allen Sorgen – und was ist jetzt? Trifft dies nun auch für euch zu, das worüber ihr mit anderen gesprochen habt?

In guten und glücklichen Tagen ist es ja nicht so schwer an die Güte Gottes zu glauben; aber am Tag der Not, wenn es dunkel rundherum ist, da wird sich zeigen, ob der Glaube trägt. Trägt euer Glaube und könnt ihr ohne Murren und Bitterkeit sagen: „Auch dies ist vom Herrn!“ Dann möchte der Herr euch noch mehr sagen, dasselbe, das er zu Martha sagte, da sie weinend am Grab ihres Bruder stand: „Wenn du glaubst, wirst du die Herrlichkeit Gottes sehen“. Das ist die Verheißung, die der Herr dem demütigen, gehorsamen Glauben schenkt: Gottes Herrlichkeit zu sehen. Das bedeutet, die liebende Fürsorge von Gottes Liebe für dich in allen Dingen zu erleben, zu erfahren wie die Macht seiner Gnade dich erlöst und gerade in dieser Zeit der Prüfung tröstet, wie er dir großen Segen schenkt.

Es gibt ja gewisse Früchte, die der Herr gerne im Leben seiner Heiligen sehen möchte, vor allen Dingen Demut, die mehr als alles andere einen Menschen in den Augen Gottes schmückt; dann Geduld, die ohne Murren den Weg des Herrn annimmt; das heilige, reine Gemüt, das sich voll Abscheu von allem Bösen abwendet; Gehorsam, sich unter den Willen Gottes zu beugen und ihn entscheiden zu lassen; Liebe und Wahrheit und vieles mehr, all das möchte der Herr gerne deutlicher in seiner Gemeinde haben und wenn ihr glauben könnt, dass er mit dem vor Augen und aus diesem Grund euch diese Sorge zuließ, dann werdet ihr seine Herrlichkeit darin offenbart sehen, dass dieses nicht zu eurem Unglück geschehen ist sondern zu einem Segen, zu einem kostbaren und verinnerlichten Leben im Herrn mit all dem Frieden und dem Glück und der Seeligkeit, die daraus folgt. Dann könnt ihr ihm von Herzen für eben das danken, das nun so schmerzt. Und dann könnt Ihr eines Tages seine Herrlichkeit erkennen, wenn er die Toten auferweckt und alle denen, die im Glauben gestorben sind, einen neuen, verklärten Leib schenkt und die, die den Herrn Jesus lieben einander da finden werden, wo es keinen Tod mehr gibt.

Und, Freunde, das ist der Trost, der große Trost, den uns das Evangelium Gottes schenkt und den Jesus auch so gerne euch heute schenken will. Denn wenn es jemand gibt, der mit einem Menschen mitfühlen kann und Anteil an seiner Sorge haben kann, dann ist es wahrhaft Jesus. Es ist nicht schwer für uns andere, wenn wir ein wenig Herz haben, zu verstehen, wie schwer es sein muss auf diese brutale Weise den Menschen zu verlieren, den man am meisten auf dieser Welt liebte. Das ergriff mich in jedem Fall, als ich von dem Unglück hörte und vor dem inneren Auge sah, wie diese Menschen im Meer versanken. Mich erfüllte tiefe Trauer und Schmerz. Aber um wie viel schmerzhafter muss es für euch sein, die ihr als Witwen, Eltern und Geschwister hier steht. Wie tief ist der Schmerz, wenn man an diese schwere Nacht zurückdenkt und den leeren Platz zu Hause sieht; wie viele Gedanken drängen sich da auf. – Wenn ich doch nur richtig Abschied genommen hätte, als er ging – wäre mir doch nur dieser eine letzte Wunsch erfüllt worden – ach, hätte ich ihm dieses eine Mal doch nicht widersprochen. Und besonders schwer ist es vielleicht, wenn der kleine Sohn oder die kleine Tochter mit ihren Kinderaugen aufsehen und fragen: Mama, kommt Papa nicht bald nach Hause?

Aber in allem dem schenkt der Herr Jesus Trost. – Ja, an den Gräbern wird oft über die guten Taten und Eigenschaften der Verstorbenen gesprochen und man lobt sie als Trost für die Hinterbliebenen; aber welchen Nutzen hat das? Die Toten können es ja nicht mehr hören. Es ist, als ob man sie zum Narren halten will und die Lebenden finden darin keinen Trost. Es ist wie ein Eimer kaltes Wasser, den man über sie ausschüttet. Nein! Aber hierin ist Trost: Die, die im Glauben gestorben sind, sind von ihrer Mühsal erlöst, sie sind zu Gott eingegangen, zu Jesus, wo sie seine Herrlichkeit sehen. Und dort werden die hinterbliebenen Witwen, Kinder und Angehörigen, die im selben Glauben leben und sterben, sie wiedersehen.

Der Meister ist da und ruft dich – das gilt nicht nur für die Heiligen, sondern auch für die Ungläubigen. Es gilt auch denen unter euch, Witwen und Angehörige und allen, die hier versammelt sind und die noch nicht ihr Herz im Glauben Jesus gegeben haben. Auch euch liebt Jesus und er wünscht sich so innerlich, dass das, was in diesen Tagen geschehen ist, zum Segen für euch wird. Darum ruft er euch, ob er euch nun vom geistlichen Tod auferwecken dürfe zu einem ewigen Leben in Gott. Ein ungläubiger Mensch ist nämlich lebendig tot. Solange du in der Sünde lebst, ohne Gott, bist du blind für die Wahrheit wie ein Maulwurf. Blind für alles, was Gottes Reich betrifft. Solange du ungläubig bist, bist ist dein Herz kalt für das Wichtigste und du bist ganz eingenommen von den Dingen dieser Welt, ohne Sinn für das einzig Wichtige, ein Stück Fleisch ohne Geist. So lange du ungläubig bist, bist du ein Gefangener. Ein Sklave der Sünde ohne wirkliche Freiheit, gebunden in Hochmut, Gier und den Gelüsten – und das Leben, das auf diese Weise geführt und beendet wird, kann nicht anders enden als mit ewiger Verdammnis.

Aber der Herr will nicht den Tod des Sünders, sondern er ist gekommen um die Menschen zu befreien. Und nun ruft er euch in dieser Zeit mit seiner starken, ernsthaften Stimme. Er will euch von der Sünde weg und unter die Gnade führen, von dem Zustand des Verlorenseins zu ewigem Leben. Und es gibt keine andere Erlösung als nur in seinem Namen. Nur der, der Jesus im Glauben annimmt, hat die Wahrheit, wie er selbst sagte: „Wer mir folgt, wandelt nicht in Dunkelheit, sondern hat das Licht es Lebens“ (Joh 8,12).

Nur wer Jesus hat, hat Vergebung aller Sünden mit dem daraus folgenden Frieden und Freude in der Seele. Nur wer Jesus hat, hat Trost in den Sorgen und dem Mühsal des Lebens. Und nur wer an ihn glaubt, hat die wahre Freiheit auf dieser Welt und einst die ewige Seeligkeit im Himmel. Ja, wenn ihr das glaubt, könnt ihr auch sehen wie die Herrlichkeit Gottes kommt und wieso eben das heilige Leben ihn ihm, das die Welt verspottet und vor dem ihr bisher so viel Angst hattet, das einzige Leben ist, das es wert ist gelebt zu werden. Lasst also euren Herrn nicht vergeblich nach euch rufen – und ganz besonders wende ich meine Worte an euch, die ihr in Seenot wart und dem Herrn versprochen habt, dass ihr umkehren werdet, wenn er euch wieder an Land brächte. Wie hättet ihr dies tun können wenn ihr nicht schon lange gewusst hättet und es dann gefühlt hättet, dass kein Mensch ohne Umkehr und Glauben an Jesus in Frieden sterben kann. Aber erinnert euch nun daran, was das Wort Gottes sagt: Wenn du Gott ein Versprechen gibst, dann zögere nicht es einzulösen; denn Gott hat kein Gefallen an leeren Worten.

Ein Grubenarbeiter in England verlief sich eines Tages in den Minengängen. Mit dem sicheren Tod vor Augen flehte er zu Gott um Befreiung und versprach, das er Gott, sein Herz geben wolle, wenn er ihn aus seiner Not befreite. Gott befreite ihn, aber der Arbeiter löste sein Versprechen nicht ein. Einige Zeit später lag er auf dem Sterbebett. Ein Pastor kam zu ihm und wollte ihn mit Gottes Wort trösten, aber auf alles was der Pastor sagte, antwortete er: „Ich bin verloren, ich komme in die Hölle, denn ich habe Gott mein Wort gegeben und es nicht gehalten!“. So wird es auch euch gehen, wenn ihr euer Versprechen brecht. Wenn ihr euch nicht bekehrt, könnt ihr nicht errettet werden. Gott hält viel aus, was Menschen tun, aber er lässt sich nicht verspotten. Macht darum Ernst und gebt ihm euer Herz!

Der Meister ist hier und ruft euch! Wie sehr wünsche ich mir, dass der Ruf nicht vergeblich ist, zumindest für die, die in Harboøre wohnen. Der Herr hat dies hier oben [Anm.: Oben in Norden Dänemarks] zugelassen, weil es für die Errettung eurer Seelen notwendig ist. Ich lobe nicht die Toten um die Hinterbliebenen zu trösten. Und was würde es nützen zu leugnen, dass einige von denen, die in diesen Särgen liegen, kein Leben in Jesus hatten. Wenn ihr Ungläubigen doch nur den Ruf hören und euch bekehren würdet.

Heute sind hier ja auch Menschen aus anderen Orten zugegen, vielleicht aus Neugier und ohne Ernsthaftigkeit. Gestern reiste ich in einem Abteil zusammen mit einigen jungen, gutaussehenden Männern, die Spaß machten, rumalberten und mit dem Teufel als Zeugen fluchten, dass es heute in Harboøre eine großartige Sache werden würde. Solche Leute sind hier also; sie betrachten das alles als Theater wie es die Welt normalerweise macht und verhöhnen dabei sogar den Tod. Lasst sie, wenn sie wollen; aber lasst uns andere dieses hier sehen als das was es ist: Ein Ruf vom Herrn, durch den auch die Verlorenen gefunden und erlöst werden sollen.

Vor bald neun Jahren, kurz bevor ich diesen Ort als Pastor verließ, geschah ein ähnliches Unglück in etwas geringerem Umfang. Damals war es als ob ein Hauch des Geistes Gottes über die Kirchengemeinde ging und viele Seelen suchten und fanden ihren Erlöser. Nun hat der Herr erneut auf dieselbe Weise gesprochen, nur noch stärker. Gott gebe, dass ihr das Geschehene als seine Stimme hören könnt und es nicht etwa als Schicksal oder als Spiel der Naturkräfte versteht wie es die Unwissenden tun, wenn sie sagen: „Es gibt keinen Gott.“ Gott gebe, dass ihr die Stimme des Herrn, die Stimme Jesu hört, der euch ruft um seine Herrlichkeit als der Erlöser denen kundzutun, die an ihn glauben!

Amen!
C. Moe

Gedenkstein für die in der Nacht vom 21. November 1893 ertrunkenen 26 Fischer aus Harboøre - Friedhof Harboøre
Harboøre Mindesten 1893 (Bild: Geeb)

Gedenkstein für die in der Nacht vom 21. November 1893 ertrunkenen 26 Fischer aus Harboøre - Friedhof Harboøre - Detailaufnahme
Gedenkstein für die in der Nacht vom 21. November 1893 ertrunkenen 26 Fischer aus Harboøre – Friedhof Harboøre – Detailaufnahme (Bild: Geeb)


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Anmerkung des Übersetzers: Am 27. November 1893 wurden die Leichnahme der 14 bis dahin Gefundenen beerdigt. Die Begräbnisfeier galt jedoch offenbar für alle 26 ertrunkenen Fischer.

Literatur:

Davidsen, G. (1896): Harboøre : Fortiden, Pastor Moe : Stormnatten, Dommen. København., S. 79-83 (Originaltext der Ansprache)

Mindesmærker (2021.000Z). Online verfügbar unter http://www.xn--harborekirke-zjb.dk/mindesmaerker.html, zuletzt aktualisiert am 25.02.2021.000Z, zuletzt geprüft am 25.02.2021.143Z.

Zeitgenössisches Fischerboot Jütland, dänische Nordseeküste
Zeitgenössisches Fischerboot Jütland, dänische Nordseeküste